Getreide – Fusariumbehandlung: Ja oder Nein?
Wichtige Informationen aus dem Landkreis Karlsruhe vom 25.05.2023
Laut derzeitigem Wetterbericht sind für die nächsten 2 Wochen gemäßigte Temperaturen um die 20°C ohne Niederschlagsereignisse gemeldet. Aus Sicht der beiden renommierten Bruchsaler Pflanzenschutzexperten C. Erbe und L. Merkle ist deshalb momentan von einem eher niedrigen Infektionsdruck durch Fusarium in blühenden Weizenschlägen auszugehen.
Winterweizen: Die „frühen Weizen“ in der Rheinebene bzw. frühe Weizensorten wie z.B. Obiwan, Rubisko oder Chevignon haben zu blühen begonnen. „Später“ Weizen befindet sich im Stadium "letztes Blatt" voll entwickelt bis Ährenschwellen.
Mit Beginn der Blüte können Fusariuminfektionen stattfinden. Entscheidend für eine Infektion mit Fusarium zur Blüte ist die Witterung. Sofern in der Blüte ein Regenereignis stattfindet und die Temperaturen über 18°C liegen kann der Fusariumpilz über die Eintrittspforte der austretenden Staubbeutel in die Ähre gelangen. Sollten diese Bedingungen zur Blüte vorherrschen, so muss ein potentes Mittel gegen Fusarium wie z.B. Osiris MP oder Prosaro in voller Aufwandmenge in „Fusariumrisikoschlägen“ eingesetzt werden.
- Befallsfördernde Faktoren in sog. Risikoschlägen: Anfällige Sorten (BSA Einstufung Fusarium >4), Vorfrüchte wie Körnermais, Silomais oder Zuckerrüben und viele Erntereste zum Zeitpunkt der Blüte des Weizens (z.B. durch nicht wendende Bodenbearbeitung ohne Strohzerkleinerung) erhöhen generell die Gefahr von hohen Mykotoxinbelastungen des Ernteguts.
- Witterung: Entscheidend für die Ausbreitung von Fusarium sind die Bedingungen vor, während und nach der Blüte. Feuchtwarme Bedingungen vor der Blüte lassen die Sporenlager auf den Ernteresten heranreifen. Temperaturen zwischen 18°C bis 25°C während der Blüte gekoppelt mit Niederschlägen >2mm führen zum Ausschleudern der Sporen aus den Sporenlagern und anschließend zur Infektion der geöffneten Ährchen. Fusarium kann nur während der Blüte infizieren, weil in diesem Moment die Ährchen geöffnet sind und der Pilz durch diese Öffnungen in Ähre eindringen kann!
- Behandlungszeitpunkt: Eine gezielte Fusariumbehandlung kann nur zu Beginn bis Mitte der Blüte erfolgen. Davor oder danach bringen Behandlungen einen nicht ausreichenden Bekämpfungserfolg. Die Behandlung sollte 2 Tage vor bis max. 3 Tage nach einem Infektionsereignis in der Blüte erfolgen. Leichte Taunässe bzw. hohe Luftfeuchte verbessern das Eindringen des Wirkstoffs in die Ähre. Deshalb Fusariumbehandlungen in den frühen Morgenstunden durchführen. Meist blühen die Bestände nicht gleichmäßig ab (Kraichgau = weiter entwickelte Kuppen als Senken). Hier sollte sich an den Tallagen orientiert werden, da diese durch die längere Tauphase stärker von Fusarium betroffen sein können.
Praxistipps: Regnet es nicht in die Blüte und wurde zuvor eine Behandlung aufs Fahnenblatt mit reduzierter Aufwandmenge eines Azol-Carboxamid-(Strobilurin)-Präparates ausgebracht, so ist eine Behandlung mit Schwerpunkt Braunrost mit einem Tebuconazolhaltigem Produkt wie z.B. Folicur durchzuführen.
Bislang unbehandelte Weizenschläge die sich im Stadium letztes Blatt geschoben bis Ährenschwellen befinden und keine „Fusariumrisikoschlägen“ sind können beim Auftreten von Blattkrankheiten auf den oberen 3 Blättern mit 70% bis 100% der Aufwandmenge eines Azol-Carboxamid-(Strobilurin) behandelt werden. Bei Bedarf Beratung anfordern. Beachten Sie, dass „Sprenkelungen“ auf den oberen Blättern bei Sorten wie Asory, Chevignon und Chiron stressbedingt bzw. „sortentypisch“ sind und nichts mit einer Pilzkrankheit zu tun haben!
Blattläuse: Ab dem Ährenschieben liegt die Schadensschwelle bei den Blattläusen bei 65% besiedelter Ähren oder Fahnenblätter. Aktuell ist dies in unserem Dienstbezirk nicht der Fall. Ebenso ist der Bekämpfungsrichtwert von 20% geschädigter Blattfläche bzw. ein Ei/Larve pro Halm beim Getreidehähnchen nicht erreicht.
In den Schutzgebieten sind die Auflagen des IPS plus einzuhalten. Liegt der Befall mit dem Getreidehähnchen in den Schutzgebieten über der oben genannten Schadensschwelle, müssen Sie Rücksprache mit der amtlichen Beratung halten, wenn Sie ein Insektizid einsetzen möchten.
Sommergerste: Die Sommergerste schiebt das letzte Blatt. Insgesamt sind die Bestände sehr gesund, vereinzelt tritt Rhynchosporium in geringem Umfang auf. Behandlungen mit Schwerpunkt Ramularia können ab jetzt durchgeführt werden. Die Aufwandmengen der gängigen Fungizide gegen Ramularia in Sommergerste liegen ca. 20-30 % unter denen der zweizeiligen Wintergersten. Folpan 500 SC sollte als Kontaktfungizid mit der vollen Aufwandmenge von 1,5 Liter/ha eingesetzt werden. Sofern noch keine Grannen sichtbar sind, können bei ausreichenden Temperaturen >20°C Etephonhaltige Wachstumsregler zum Einsatz kommen.
Unkräuter/Ungräser im Bestand: Nutzen Sie die Zeit der letzten Pflanzenschutzmaßnahmen bzw. bis zur Ernte, um vorhandene Unkräuter/Ungräser in den Winterungen eindeutig zu bestimmen und notieren Sie entsprechende Stellen. Nur so kann bei Problemschlägen das passende Instrument (Herbizidwahl, Bodenbearbeitung, Fruchtwechsel, etc.) für die Folgekultur gewählt werden. Falls Sie bei der Bestimmung von Unkräutern/Ungräsern Hilfe benötigen können Sie sich gerne melden.
Praxistipps: Bei Verdachtsfällen auf Herbizidresistenzen können zudem eine bestimmte Anzahl an Samenproben zur Untersuchung eingereicht werden. Wir leiten diese dann an die entsprechenden Stellen weiter. Da bei der Samenprobennahme bestimmte Punkte zu beachten sind, bitten wir um eine kurze Rückmeldung bevor Sie die Probe ziehen.