Ackerbau – Schwarzbrache: Aushungern von Zikaden-Larven nach Zuckerrüben, Kartoffeln und betroffenem Freilandgemüse?

Wichtige Informationen vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg und vom Regierungspräsidium Stuttgart vom 12.08.2025

 

Die Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikade zur Reduktion und Verzögerung von SBR/Stolbur-Infektionen wird – nach allen Erwartungen – noch mehrere Jahre erforderlich sein. Neben dem gezielten Einsatz von Insektizid-Mischungen, den das Bundesamt für Verbraucherschutz in diesem Jahr im Rahmen von Notfallzulassungen sowohl in Zuckerrüben als auch in Kartoffeln ermöglicht hat, sollten Landwirte, die am Anbau stark geschädigter Kulturen im Hot-Spot-Gebiet festhalten, zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um Schäden in den kommenden Jahren zu begrenzen. Dazu gehören z.B. eine ausreichende Düngung, Vermeidung von Strukturschäden im Boden, optimale Saat- und Pflanzenzeiten, ausreichend weite Kartoffel- bzw. Zuckerrübenfruchtfolgen und der Einsatz von Pflanzenstärkungsmitteln.

Zusätzlich zeigen Ergebnisse aus den Modelregionen und der Schweiz, dass die Anzahl von Zikaden erheblich vermindert werden kann, wenn nach Zuckerrüben, Kartoffeln und bestimmten Freilandgemüsearten wie z.B. Rote Beete, Karotte/Möhre, Pastinake/Wurzelpetersilie eine möglichst lange Schwarzbrache erfolgt. Hintergrund ist, dass die Nymphen (=Larven) der Schilf-Glasflügelzikade während einer langen Schwarzbrache überwiegend im Boden verhungern, weil sie keine Nahrung mehr finden. 

Vorteilhaft ist auch, wenn direkt nach der Ernte eine tiefere mechanische Bearbeitung erfolgt (z.B. Pflug, Grubber), da hier die Nymphen teilweise erschlagen/erdrückt werden. 

In Bezug auf GLÖZ 6 (Mindestbodenbedeckung) sollten vorrangig die bestehenden Ausnahmemöglichkeiten (z.B. Erbringung nur auf 80% der Ackerfläche notwendig) genutzt werden. Wo diese nicht ausreichen, kann beim örtlich zuständigen Landwirtschaftsamt ein „Antrag auf Genehmigung einer Ausnahme von den Vorgaben von GLÖZ 6 nach § 3 Abs. 3 GAPKondG“ für einzelne Flächen „zur Aushungerung von Nymphen der Schilfglasflügelzikade (= Gründe des Pflanzenschutzes)“ gestellt werden. Wo eine Begrünung rechtlich oder fachlich erforderlich ist (z.B. in Problem- und Sanierungsgebieten nach SchALVO oder auf stark erosionsgefährdeten Lössstandorten) kann anstelle einer Schwarzbrache auch Ölrettich oder Senf als Zwischenfrucht in Reinsaat gesät werden. Ölrettich und Senf sind für die Nymphen der Schilf-Glasflügelzikade nach bisherigen Topfversuchen und Freilandversuchen keine geeignete Zwischenfrucht. Zwischenfruchtmischungen sind zu vermeiden, da hier aller Wahrscheinlichkeit nach Komponenten enthalten sind, die den Nymphen der Schilf-Glasflügelzikade als Nahrungsquelle dienen.

Nach der Schwarzbrache bzw. nach Ölrettich und Senf als Zwischenfrucht sollte eine möglichst späte Sommerung gesät/gepflanzt werden wie Mais, Soja oder Kürbis. Bei frühen Sommerungen wie z. B. Sommergerste überleben mehr Nymphen, da sich zuerst noch an Wurzelstücken von z. B. Zuckerrüben oder Karotten ernähren können und dann relativ bald im Frühjahr die Wurzeln der Sommergerste kommen, die dann weiter als Nahrungsgrundlage dienen. 

Das Aushungern der Nymphen hat nur dann eine deutlich spürbare Wirkung auf die Zikaden-Population, wenn Landwirte in einem größeren zusammenhängenden Gebiet (mindestens eine Gemeinde, besser mehrere benachbarte Gemeinden) gemeinsam das Aushungern nach Kartoffeln, Zuckerrübe und den betroffenen Gemüsearten durchführen. Es gibt auch noch eine spürbare Wirkung, wenn z. B. auf einer kleineren Fläche im Gebiet das Aushungern nicht gelingt, aber die Wirkung wird eben schwächer.

Letztlich bleibt die Gestaltung der Fruchtfolge eine herausfordernde und kontrovers diskutierte betriebliche Entscheidung. Aber die massiven Schäden - nicht nur in Kartoffeln und Zuckerrüben, sondern auch in vielen Gemüsearten - zeigen, dass Lösungen gebraucht werden. Viele Betriebe in ackerbaulichen Gunstlagen haben die Tierhaltung schon länger aufgegeben und sind – sofern keine Rückkehr zur Tierhaltung erfolgt – auf Kulturen mit hohen Deckungsbeiträgen im Ackerbau angewiesen. Sofern Kartoffeln, Zuckerrüben und die betroffenen Gemüsearten eine tragende Säule bleiben sollen, lohnt sich der Versuch, gemeinsam mit benachbarten Landwirten zu überlegen, ob eine Umstellung der Fruchtfolge nach der Ernte 2025 gelingen kann.

 

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