Wintergetreide – Wachstumsreglereinsatz?

Wichtige Informationen aus dem Landkreis Ravensburg vom 13.04.2025

 

Aus Sicht des versierteren Pflanzenschutzberaters M. Kreh, vom Landwirtschaftsamt Ravensburg, werden die immer noch kühlen Nächte und der kalte Wind zu Wochenbeginn das Wachstum doch noch etwas bremsen und den Krankheitsdruck geringhalten. 

 

Wachstumsreglereinsatz - Die Wintergetreidebestände im Landkreis sind recht gut entwickelt und weisen überwiegend passende Bestandsdichten auf. Die strahlungsintensive, kalte Witterung war bislang für die natürliche Standfestigkeit der Bestände förderlich und hat zu festem Pflanzengewebe geführt. Bleibt das Frühjahr weiter trocken, ist von einer allgemein geringen Lagergefahr auszugehen, Natürlicherweise wird die Halmbasis durch Sonneneinstrahlung stabilisiert. Bei zu hohen Bestandesdichten erreicht die Sonneneinstrahlung die Halmbasis nicht mehr. Die Lageranfälligkeit wird bereits durch die Sortenwahl bestimmt, durch eine Düngung mit den Makro- und Mikronährstoffe Kalium, Silicium, Mangan, Bor und Kupfer kann dem effektiv gegengesteuert werden. Sie fördern die Verholzung der Halme. In unserer niederschlagsreichen Region sind die Maßnahmen Sortenwahl, angepasste Düngung und Mikronährstoffe jedoch oftmals nicht ausreichend um die Standfestigkeit zu garantieren. Sie sollten sich deshalb frühzeitig, eine für Ihren Bestand passende, Wachstumsregler-Strategie zurechtlegen. Dabei spielen die Faktoren Sorteneigenschaft, Meereshöhe, Bestandes-Entwicklung, aktuelles Entwicklungsstadium, langjährig organische Düngung, Zeitpunkt, Temperatur etc. eine entscheidende Rolle.

Bei der Wintergerste ist zu erkennen, dass sich der 1. Knoten mit dem Ährenansatz bereits über 1cm vom Bestockungsknoten entfernt hat. Der 2. Knoten liegt dicht darüber. Die Gerste befindet sich in BBCH 31/32. In diesem Stadium ist das Blatt F-3 voll entfaltet und das F-2 spitzt heraus. Für Gerste ist dies das optimale Stadium um einzukürzen. Wenn Ihre Gerste sich in diesem Stadium befindet ist zum Wochenende hin ein guter Zeitpunkt für die Anwendung von Trinexapac-Produkten wie z.B. Calma, Countdown, Moddus. Diese kürzen und stabilisieren die Internodien der Haupt- und Nebentriebe gleichermaßen. Bei der Anwendung sind über 12°C und Sonne erforderlich, die Wirkung kann bis zu 14 Tage andauern. Das Produkt Prodax (Trinexapac und Prohexadion) kürzt am stärksten ein, aber kürzer wirkend, und darf laut Zulassung bis BBCH 49 angewendet werden. Es hat geringere Temperaturansprüche(10°C) als die Trinexapac-Produkte. Weiterhin steht noch Medax Top (Prohexadion und Mepiquat-Chlorid) zur Verfügung. Die häufig angebauten Sorten Almut, Arthene und SU Vireni sind genetisch bedingt recht stabil und benötigen geringere Aufwandmengen.

Winterweizen ist noch etwas später dran und befindet sich Ende Bestockung, hier sind noch keine Knoten außer dem Bestockungsknoten erkennbar. Aktuell bietet sich bei Weizen nun der Einsatz vom bewährten Wirkstoff Chlormequatchlorid (CCC720, Stabilan 720, Manipulator, Regulator 720, Shortcut) an. Dieser wirkt bereits bei sonniger Witterung bereits ab 6°C; bei bewölktem Wetter ab 10°C und ist für dieses frühe Stadium prädestiniert. Bei aktueller Anwendung wird die Länge der untersten Internodien Ihrer Bestände festgelegt, je kürzer diese sind desto standfester ist das Getreide später. Bei einer Applikation von Wachstumsreglern kann immer nur das Längenwachstum gekürzt werden, welches noch nicht stattgefunden hat. Rückwirkend kann keine Einkürzung bewirkt werden! CCC im speziellen kürzt und festigt nur den Haupttrieb, die Wirkung dauert bis zu 10 Tage an. Als Ergebnis sind dann später Bestände mit einheitlicher Höhe von Haupt- und Nebentrieben zu erkennen. Die Einkürzungsleistung dieser Produkte ist milde und gering. Für eine spätere Anwendung, wenn sich der Weizen in BBCH 31/32 befindet, muss das Chlormequat entweder durch ein Trinexapac (Moddus, Prodax, Medax Top etc.) ergänzt oder ersetzt werden. Trinexapac wirkt wesentlich schneller und hat einen anderen „Angriffspunkt“ als Chlormequat, Auch Prodax kann hier empfohlen werden. Es hat zudem bei kühleren Temperaturen eine sicherere Wirkung als Moddus.

Eine Behandlung mit Wachstumsreglern während der sogenannten „Großen Periode“ BBCH 32-37 zu unterlassen, denn in diesem Fall wird die Ährenlänge mit eingekürzt. Die Große Periode dauert wenige Tage, dabei wird innerhalb kürzester Zeit die Ähre im Inneren des Getreidehalms auf ihre spätere Länge „fertiggestellt“. Sind Sie sich unsicher, ob die „Große Periode“ kurz bevorsteht, so schneiden Sie einige Haupttriebe auf (im überdrillten Bereich) und wenn einige Ähren im Innern bereits die volle Länge erreicht haben und andere nicht, sollten Sie für mehrere Tage keinerlei Maßnahmen am Bestand vornehmen.

Empfohlene für die Internodien-Längen bei Weizen sind: 1.Internodium 5 cm; 2. Internodium 10 cm; 3.Internodium 15 cm. Haben Sie dies erreicht und die Pflanze ist gut versorgt, kann sie jedes Ährengewicht halten.

Praxistipps: Aktuell sind die Temperaturen, nicht optimal für die Anwendung von Wachstumsreglern, die Bestände sind gestresst von den noch tiefen Nachttemperaturen und von der gebietsweisen Trockenheit in der Wurzelzone. Weiterhin sind einige spät gesäte Bestände eher zu dünn, hier ist die Lagergefahr eh schon geringer. Wachstumsregler stressen die Pflanzen durch den Eingriff in den Hormonhaushalt noch zusätzlich. Wenn zum Wochenende hin Maßnahmen gesetzt werden, kann durchaus gegenüber den Vorjahren die Aufwandmenge um 20% reduziert werden. Allgemein gilt bei den Wachstumsreglern „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“! Zu hohe Gaben können auch ertragsreduzierend sein. Beachten Sie auch die Lageranfälligkeit Ihrer angebauten Sorten, hier gibt es doch immense Unterschiede.

Abzuwarten bleibt wie der Wachstumsfortschritt durch die angekündigten wärmeren Temperaturen und Niederschläge zum Wochenwechsel voranschreitet. Falls zu schwach gekürzt wurde, kann auch noch Medax Top als „Notbremse“ nach der Großen Periode bis BBCH 39 eingesetzt werden.

Tipp: Legen Sie ein Spritzfenster an, um zu überprüfen wie die Einkürzung funktioniert hat, und/oder noch nachbehandelt werden muss. Weitere Informationen zu den Wachstumsreglern erhalten Sie in der Broschüre „Integrierter Pflanzenschutz 2025“ ab Seite 44.

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