Ackerbau – Aktuelles zu dem Herbizid-Wirkstoff „Flufenacet“

Wichtige Informationen vom Regierungspräsidium Stuttgart vom 27.05.2025
Der Wirkstoff Flufenacet ist wichtiger Bestandteil von zahlreichen Herbiziden wie „Herold SC“, „Cadou SC“, „Malibu“, „Battle Delta“, „Pontos“ und vielen weiteren.
Die EU-Kommission hat nun in der Durchführungsverordnung (EU) 2025/910 vom 20. Mai 2025 zur Nichterneuerung der Genehmigung für den Wirkstoff Flufenacet festgelegt, dass die Zulassungen von Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Flufenacet bis spätestens 10. Dezember 2025 aufgehoben werden müssen und die Aufbrauchfrist spätestens am 10. Dezember 2026 enden muss. In Deutschland entscheidet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit über die Fristen.
Flufenacet ist auf vielen – insbesondere tonigen Standorten – wesentlicher Baustein in der Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz im Wintergetreide. Sollten in Deutschland nur kürzere Fristen gewährt werden, würde das mutmaßlich zu einer starken Zunahme der Ungräser führen verbunden mit deutlich höheren Wirkstoffmengen im Herbizidbereich. Grund hierfür ist, dass bei alternativen Herbizide wie z. B. Stomp Aqua (Wirkstoff: „Pendimethalin“) oder Boxer (Wirkstoff: „Prosulfocarb“) deutlich höhere Wirkstoffmengen pro Hektar ausgebracht werden und in Bezug auf Ackerfuchsschwanz schwächere Wirkungsgrade erzielt werden.
Neue Bodenwirkstoffe sind in den nächsten Jahren von mehreren Firmen zumindest im Weizen zu erwarten. Bezüglich Wirkungsgrad und Kulturverträglichkeit wird es sich noch zeigen müssen, ob sie Flufenacet vollständig ersetzten können. Bis zur Zulassung der neuen Wirkstoffe wäre es sehr wichtig, dass Flufenacet möglichst noch zur Verfügung steht.
Als wesentliche Kritikpunkte von Flufenacet wird die Eigenschaft als endokriner Disruptor (Stoff, der in geringen Mengen durch Veränderung des Hormonsystems die Gesundheit schädigen kann) in Bezug auf die Schilddrüsen-Modalität genannt. Ein weiterer Schwachpunkt ist die Trifluoressigsäure (TFA), welche ein Abbauprodukt (Metabolit) von Flufenacet ist. TFA gilt als „Ewigkeitschemikalie“, weil sie in der Umwelt praktisch nicht mehr abbaubar ist und im Verdacht steht negative Auswirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit zu haben. Zusätzlich zu Pflanzenschutzmitteln sind Arzneimittel und Kältemittel wesentliche Quellen von TFA in Gewässern. Diese Bewertungen zeigen, dass Flufenacet sicherlich kein perfekter Wirkstoff war. Ob es jedoch ganz ohne Flufenacet leichter wird, einen möglichst umweltverträglichen Ackerbau zu betreiben, bleibt offen. In jedem Fall werden pflanzenbauliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz an Bedeutung gewinnen. Deshalb gilt es, integrierte Maßnahmen stärker miteinzubeziehen und falsches Saatbett, spätere Aussaat, evtl. auch mit Hybridgerste oder Wechselgerste (z. B. Sorte „Leandra“) und je nach Standort auch eine Auflockerung von Fruchtfolgen aus Wintergetreide und -raps durch Mais, Leguminosen oder Kleegras in Erwägung zu ziehen.
Praxistipps: In Bezug auf das Flufenacethaltige Herbizid Elipris hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht einer Beschwerde der Herstellerfirma stattgegeben. Elipris darf in Deutschland wiederverkauft und angewendet werden. Auch wenn die Deutsche Umwelthilfe nun vor Gericht eine Niederlage erlitten hat, möchte sie ihre Anliegen vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof weiterverfolgen. Elipris enthält lediglich 240g/l Flufenacet und die Aufwandmenge beträgt maximal 0,5 l/ha, damit werden lediglich 120 g Flufenacet pro Hektar ausgebracht. Im Vergleich dazu enthält Herold SC 400g/l Flufenacet und wird mit bis zu 0,6 l/ha ausgebracht. Dadurch können durch Herold SC bis zu 240 g Flufenacet auf einen Hektar gelangen und damit exakt die doppelte Menge wie durch Elipris. Warum sich die Deutsche Umwelthilfe auf ein vergleichsweise schwach dosiertes Mittel wie Elipris eingeschossen hat, bleibt fraglich.