Wintergetreide – Fungizidmaßnahmen in Gerste und Weizen notwendig?
Wichtige Informationen aus dem Landkreis Ravensburg vom 12.04.2024
„In Anbetracht der aktuellen Niederschläge, Luftfeuchte und Blattnässedauer ist mittlerweile ein gewisser Druck der Pilzkrankheiten vorhanden,“ so M. Kreh, versierter Pflanzenschutzberater im Landwirtschaftsamt Ravensburg. „Dieser würde sich durch eine anhaltende trockene Hockdruckwetter-phase wieder bessern,“ so der Berater in Ergänzung dazu. In der Folge seine Tipps zu den aus seiner Sicht im Landkreis Ravensburg anstehenden Feldarbeiten.
Prognose: Im Prognosemodell ISIP wurden exemplarisch über den Kreis verteilt Standorte angelegt, hier werden durch die Wetterdaten Infektionswahrscheinlichkeiten errechnet. Hierfür müssen Sie sich einmalig, kostenlos, ein Benutzerprofil anlegen, auch die weitere Benutzung ist kostenlos. Danach können Sie unter www.isip.de verschiedene Entscheidungshilfen zu den Getreidekulturen betrachten. In Ergänzung dazu helfen die für Baden-Württemberg geltenden Befallswahrscheinlichkeiten für verschiedene Krankheiten beim Abwägen, ob eine Behandlung notwendig ist, oder nicht.
Wintergerste: Die Wintergerste befindet sich nun voll im Schossen, die meisten Bestände befinden sich rund um das BBCH-Stadium 32. Kontrollieren sie nun ob die Einkürzung gelungen ist, sprich wie lange ist das 1. Internodium zwischen Bestockungsknoten und 1.Halmknoten. Diese Länge sollte bei ca. 5 cm liegen, da die Gerste jetzt bereits das 2. Internodium ausbildet, kann die Länge des 1. Internodiums nicht mehr verändert werden. Dass die Bestände überwiegend recht üppig dastehen, verringert den Krankheitsdruck auch nicht unbedingt. In feuchteren Lagen, wie Waldrändern, Senken, etc. wurden auf den unteren Blättern vermehrt Netzflecken, vereinzelt auch Rynchosporium Symptome in Gerste gesichtet.
Praxistipps: Betrachten Sie bei Ihrem Rundgang jeweils die obersten 3 Blätter der Bestände. Ob eine Behandlung wirtschaftlich ist, entnehmen Sie der beigefügten Tabelle „Bekämpfungsrichtwerte (BKR) für Getreidekrankheiten in Baden-Württemberg – 2024“
Die frühen Fungizidmaßnahmen in Wintergerste brachten in den Pflanzenschutzversuchen, über mehrere Jahre hinweg, keinen wirtschaftlichen Mehrertrag. Viel wichtiger (wirtschaftlicher) ist es die Fungizidmaßnahme gezielt aufs Fahnenblatt bzw. zum Stadium des Grannenspitzens (BBCH 39 bis 51) zu terminieren. Die Ramularia in Gerste ist die Krankheit welche die höchsten Ertragseinbußen verursacht, eine Behandlung zum jetzigen Zeitpunkt kann Ramularia in keinerlei Hinsicht eindämmen bzw. bekämpfen.
Bei Netzflecken sind die Carboxamide nicht hinreichend wirksam, die Strobilurine und die Triazole die zeigen die beste Wirkung. Als Produkte stehen hierbei Verben mit 0,8 Liter/ha, Input Classic mit 1,0 Liter/ha oder Unix Pro (Unix+Pecari) mit 0,4 kg/ha + 0,5 Liter/ha zur Verfügung. Wenn Sie jetzt eine Fungizidbehandlung setzten wollen, achten Sie darauf, dass bei der Auswahl des Produkts für die „Hauptbehandlung“ gegen Ramularia ein Wirkstoffwechsel stattfindet.
Winterweizen: Der Winterweizen ist mit der Gerste gleich auf und befindet sich auch rund um das BBCH-Stadium 32. Auch hier kann nun das 1. Internodium gemessen und somit die Standfestigkeit beurteilt werden. Beim Weizen gilt der gleiche Grundsatz wie bei der Gerste, dass 1. Internodium kann nun nicht mehr verändert werden und ein „stabiles“ Fundament garantiert Ihnen die Standfestigkeit vom Bestand. Die Bestände sind dieses Jahr teilweise recht dicht, was pilzliche Infektionen begünstigt. Auch das nasse Frühjahr wirkt sich positiv auf die Verbreitung von Pilzkrankheiten und dessen erfolgreiche Infektion aus. Beobachten Sie deshalb das Geschehen in ihren Beständen genau, denn je nach Betriebslage kann das Infektionsgeschehen recht unterschiedlich sein. So ist im südlichen Teil des Landkreises bereits seit mehreren Wochen Mehltau (insbesondere in Dinkel aber auch in Weizen) zu finden, wobei in kühleren Lagen Richtung Allgäu der Druck noch wesentlich geringer ist.
Praxistipps: Im Weizen sind auf den älteren Blättern Infektionen mit Septoria vorhanden. Bei der Kontrolle Ihrer Bestände beachten Sie dabei die obersten 4 Blätter, als Entscheidungshilfe können Sie auch im Weizen die oben genannte Tabelle (BKR) nutzen. Die jetzigen Infektionen konnten sich durch die feuchte Herbstwitterung entwickeln und „brüten nun vor sich hin“. Richten Sie Ihre individuelle Entscheidung, ob eine Behandlung notwendig ist, vor allem am weiteren Witterungsverlauf aus. Sollte es in nächster Zeit trockener werden, können Behandlungstermine nach hinten verlegt werden. Infektionen können sich dann nur schlecht auf die noch gesunden, höheren Blattetagen ausbreiten. Falls in Ihrer Fruchtfolge Weizen nach Getreidevorfrucht steht, gilt es nun das Halmbruchrisiko zu berücksichtigen. In den vergangenen Jahren war dies zunehmend, in anfälligen Sorten, ein ernstzunehmendes Problem. Für die frühe Behandlung gelten ähnliche Empfehlungen wie in Wintergerste. Das Produkt Unix mit dem Wirkstoff Cyprodinil ist der Halmbruchspezialist, ansonsten sind die gängigen Prothioconazol Produkte wie Input, Verben etc. eine gute Wahl für die Halmbasis- und Blattgesundheit. Hier gilt ebenso die Empfehlung des konsequenten Wirkstoffwechsels zwischen der jetzigen Behandlung und der Fahnenblattapplikation. Nur so ist ein erfolgreiches Resistenzmanagement möglich.
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