Wintergetreide – Kühlen Kopf bewahren
Wichtige Informationen aus dem Landkreis Karlsruhe vom 09.04.2024
„Mit Ausnahme des heutigen Tages steht uns eine trockene Woche mit milden Temperaturen bevor, die zum Wochenende hin moderat steigen sollen,“ so C. Erbe, renommierter Pflanzenschutz- und Anbaufachmann vom Landwirtschaftsamt im Landkreis Karlsruhe im Vorfeld seiner regional gültigen Empfehlungen. Die heißen Temperaturen übers Wochenende haben besonders in Wintergerste, aber auch in anderen Winterungen, für einen enormen Wachstumsschub gesorgt. Notwendige Wachstumsreglermaßnahmen, die bislang noch nicht erfolgt sind, sollten diese Woche durchgeführt werden. Es gilt bei den vielen anstehenden Feldarbeiten einen kühlen Kopf zu bewahren, Aufgaben zu priorisieren und nacheinander abzuarbeiten. Die derzeit gemeldete trockene Witterung ist hierfür sehr hilfreich.
Wintergerste: Die Wintergerste befindet sich im 2 bis 3 Knoten-Stadium, Einzelpflanzen schieben sogar schon das letzte Blatt. Sofern Wachstumsreglermaßnahmen notwendig sind und bislang noch nicht durchgeführt wurden, sollten diese baldmöglich mit „robusten“ Aufwandmengen erfolgen. Die Gerste ist ausreichend mit Wasser versorgt und sollte auch bei kühleren Nachttemperaturen den Wachstumsreglereinsatz gut verkraften. Zum Einsatz können Wachstumsregler mit dem Wirkstoff Trinexapac (z.B. Moddus), Fabulis OD, Medax Top oder Prodax kommen. Für den Einsatz von Ethephon-haltigen Wachstumsreglern (z.B. Cerone 660, Camposan Top) ist es derzeit zu kühl.
Das Krankheitsgeschehen ist dieses Jahr sehr unterschiedlich. An einer gründlichen Bestandeskontrolle führt kein Weg vorbei. Pauschalaussagen oder Empfehlungen sind unmöglich. Mehltau, Netzflecken, Zwergrost oder Rhynchosporium können lokal von Bedeutung sein. Befinden sich auf den obersten zwei Blättern Blattkrankheiten, kann es in diesem Jahr sinnvoll sein, ein entsprechendes Fungizid mit ca. 70% Aufwandmenge zu fahren. Die klassische Abschlussbehandlung gegen Ramularia zum „Pinselstadium“ kann somit auf das Ende des Ährenschiebens hinausgeschoben werden, woraus eine bessere Wirkung gegenüber dieser Krankheit resultiert.
Winterweizen: In der ersten Oktoberhälfte gesäte, frühe Sorten befinden sich bereits im Zwei bis Drei-Knoten-Stadium. Beim spät gesäten Weizen beginnt gerade das Längenwachstum. Anstehende und nötige Wachstumsreglermaßnahmen können diese Woche durchgeführt werden. Bezüglich der Aufwandmenge können gegenüber der Gerste niedrigere Aufwandmengen zum Einsatz kommen. Bei Bedarf Beratung anfordern.
Die einsetzende, trockene Witterung sorgt für Entspannung beim Thema Septoria Tritici. Septoria Tritici braucht zum keimen 48h Blattnässedauer und Regentropfen um höhere Blattetagen zu besiedeln. Somit ist die Ausbreitung dieser Blattkrankheit von den unteren auf die oberen Blattetagen derzeit unterbrochen. Der frühe Weizen bildet zudem noch 2 Blätter bis zum Fahnenblattstadium, die es zu schützen gilt, um den Ertrag abzusichern. Sobald diese angelegt werden, kann in Abhängigkeit von der vorherrschenden Witterung, eine Infektion mit Septoria erfolgen und entsprechend mit Fungiziden agiert werden. Gelbrostbefall wurde in den Sorten Complice, Nordkap, Obiwan auf Praxisschlägen vorgefunden, auf dem Versuchsfeld in Münzesheim nur in der Sorte Complice. Jedoch zeigen die erwähnten Sorten nicht flächendeckend Gelbrostbefall, teilweise handelt es sich um Einzelbeobachtungen. Deshalb: Eine Eigenkontrolle der Schläge bei Pilzkrankheiten ist unerlässlich, um den Befallsdruck auf Ihren Flächen abschätzen zu können. Gelbrost kann leicht erkannt werden, indem man mit einem Taschentuch über das Blatt streicht. Ist das Taschentuch danach gelb handelt es sich um Gelbrost ansonsten nicht. Generell und bei ausstehenden Wachstumsreglermaßnahmen, kann Gelbrost kostengünstig und effizient durch ein Tebuconazolhaltiges Fungizid in Schach gehalten werden. Die Aufwandmenge des Wachstumsreglers sollte bei Zumischung von Tebuconazol um 25% reduziert werden (Tebuconazol verstärkt die Wachstumsreglerwirkung). Bei vorhandenem Mehltau über der Schadschwelle (60% Befallshäufigkeit) kann Vegas plus zum Einsatz kommen.
Braunrost ist vereinzelt auf den unteren Blattetagen vorzufinden. Spät gesäter Weizen ist nahezu Pilzfrei. Hier besteht derzeit in lagerunanfälligen Sorten kein Handlungsbedarf beim Wachstumsregler- oder Fungizideinsatz.
Winterroggen: Der Roggen schiebt das letzte Blatt bzw. hat dieses schon voll entwickelt. Braunrostinfektionen konnten nur sehr vereinzelt auf den unteren Blättern festgestellt werden. Sobald Braunrostbefall auf einem der 3 oberen Blätter auftritt, sollte die Behandlung erfolgen. Braunrost kann relativ preisgünstig mit Fungiziden mit dem Wirkstoff Tebuconazol behandelt werden. Die Zugabe eines Strobilurins (z.B. Azoxystrobin) verlängert die Wirkungsdauer der eingesetzten Azole um ca. eine Woche. Das derzeit stärkste Präparat gegenüber Rost, Elatus Era, sollte bei Starkbefall eingesetzt werden.